Um in der Mensch-Maschine-Interaktion oder bei der Weiterentwicklung von Ergonomie bei industriellen Produkten einen virtuellen Menschen zur Verfügung zu haben, wird ein digitales Modell des Menschen notwendig. Solche Modelle existieren, und diese geben wieder, wie Menschen sich bewegen und wie sie aussehen — alles soweit noch recht oberflächlich, aber druchaus sinnvoll. Mit der Hilfe von wissenschaftlich fundierten digitalen Menschmodellen werden in der Industrie komplexe Aufgaben gelöst und es findet in Kürze dazu das 2. Symposium in Stuttgart statt.

Doch diese Nachricht brachte mich auf eine Idee: Was diese digitalen Menschmodelle darstellen enthält Informationen darüber, wie der (“Standard”)-Mensch aussieht und wie er sich bewegen kann. Könnte man so etwas auch für die Entscheidungen eines Menschen entwerfen? Statistisch gesehen basiert ja auch das digitale Menschmodell auf dem “Durchschnittsbürger”, da könnte man dieses Modell doch auch wie den Durchschnitts-Menschen entscheiden lassen. Doch ist das überhaupt möglich? Und: Wenn es möglich gemacht wird, könnte uns dieses “Standard”-Modell dann womöglich irgendwann vorschreiben, wie wir uns zu entscheiden haben?

Ein digitales Menschmodell auch mit dem anzureichern, was unser Handeln ausmacht, klingt reizvoll und riskant zugleich: Der Reiz liegt darin, ein Modell zu entwerfen, das Handlungsalternativen abwägt, nein, dass Handlungskriterien definiert und anwendet. Gleichermaßen riskant ist dies jedoch, weil dadurch suggeriert werden würde, dass die Entscheidung, die vom digitalen Menschmodell getroffen wird, die einzig “kluge” oder “richtige” Entscheidung wäre — was bei vielen Entscheidungen, die “menschlich” sind, jedoch nicht gesagt werden kann (man denke beispielsweise an die Wahl der Eissorte oder der Entscheidung für Hobbies zur Freizeitgestaltung). Was macht den Menschen aus, und kann man dies durch ein digitales Modell abbilden? Vorerst geht es bei digitalen Menschmodellen “nur” um die Ergonomie. Doch ich stufe die Prognose nicht als gewagt ein, zu sagen, dass dies nur der Anfang ist — und die Überlegungen zum Modell von Entscheidungen, basierend auf Moralvorstellungen, sicherlich bereits in Kürze öffentlich diskutiert werden…